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Referenzrahmen für einen guten Schulbau

15. März 2012

Der Ruf nach guter Bildung ist allgegenwärtig: Eltern, Politik und Wirtschaft erwarten eine fundierte Ausbildung für Kinder und Jugendliche. Doch wer Schulen entwerfen möchte, die Raum für eine zeitgemäße Pädagogik eröffnen, muss es verstehen, Architektur gegen ökonomisch gedachte Regelwerke durchzusetzen: Schulbaurichtlinien und Musterraumprogramme der Länder und Kommunen verlangen Standards von gestern für die Schulen von morgen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Montag Stiftung und des BDA, gefördert vom Bundesbildungsministerium, die ausgewählte nationale Schulbaurichtlinien im europäischen Vergleich analysiert: Einheitliche, auf den Halbtagesbetrieb ausgerichtete Funktionsprogramme, kleine Standardklassengrößen und diffuse technische Vorgaben beschreiben häufiger Grenzen, statt Lernräume der Zukunft zu befördern.

Als Antwort auf dieses Defizit schlagen die beiden Institutionen einen qualitätsorientierten Referenzrahmen vor. Das hierfür vorliegende Diskussionspapier benennt heutige pädagogische Anforderungen, beschreibt dafür geeignete architektonische Raumqualitäten und verknüpft diese mit Angaben zu Typologie und Raumprogramm. Der Weg zu anspruchsvollen Lernräumen wird in Form gut konzipierter Planungs- und Beteiligungsprozesse aufgezeigt. Denn Schulen zu planen, ist eine interdisziplinäre Aufgabe, die von pädagogischen Konzepten, von Raum- und Funktionsanforderungen, aber auch von langfristigen Entwicklungszielen der Stadt beeinflusst wird.

Einen Schlüssel für einen programmatischen Schulbau sieht der Referenzrahmen im pädagogischen Verständnis von individuellen und gemeinschaftlichen Lernprozessen: An die Stelle des bisher dominierenden Frontalunterrichts (reduziert auf 30 Prozent) tritt das Lernen zu zweit und alleine (jeweils 30 Prozent), sowie das Lernen in Kleingruppen (10 Prozent). Entsprechend vielfältig sind die Anforderungen an das Raumprogramm, das organisiertes und informelles Lernen ermöglicht, wandelbar in seiner Nutzung und dennoch dauerhaft in Gestalt und Atmosphäre ist – und das wie eine gute Stadtstruktur die Balance zwischen individuell und gemeinschaftlich nutzbaren Räumen bewirkt. Um diese Qualität zu erreichen, legt der Referenzrahmen einen Schwerpunkt auf die „Phase 0“: Der Einbezug verantwortlicher Akteure, wie Schul- und Bauverwaltung, Pädagogen und Architekten, zu einem frühen Zeitpunkt, kann ein tragfähiges pädagogisches und räumliches Konzept als fundierte Grundlage für Planung, Finanzierung und Bewilligung bewirken.

Einem Expertenkreis aus Politik und Verwaltung sowie aus Pädagogen und Architekten wurde das Diskussionspapier im Februar in Berlin vorgestellt. Positiv und konstruktiv kommentierten die Experten den angestrebten Paradigmenwechsel im Schulbau – Qualität braucht weniger Verordnung, dafür mehr Kultur der Teilhabe.

Der nächste Schritt von Montag Stiftung und BDA ist die Konkretisierung des Referenzrahmens, der 2013 vorliegen und dann Politik und Verwaltung sowie Architekten und Pädagogen als Empfehlung für einen guten Schulbau dienen wird.

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