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Aspekte der Public Private Partnership

13. Juli 2013

Die Krise der öffentlichen Haushalte ist inzwischen hinreichend bekannt. Trotz leerer Kassen könnensich aber Bund, Länder und Gemeinden nicht ihrer Verpflichtung zum Bau und Unterhalt von Gebäudenentziehen.

Da wundert es nicht, wenn sich öffentliche Auftraggeber auf die Suche nach Alternativen zu den klassischen Strategien in Bezug auf Erstellung, Unterhalt, Betrieb und Finanzierung machen.
Der zur Zeit meistdiskutierte Ansatz hierzu heißt PPP, Public Private Partnership, und ist zunächst nichts anderes als die Verlagerung der öffentlichen Bau- und Betriebsverantwortung in die Hände eines privaten Investors, der die Immobilie errichtet, betreibt und langfristig an den öffentlichen Nutzer vermietet. Dennoch ist das Verfahren in aller Munde, weil es die Liquidität des Auftraggebers zugunsteneiner langfristigen Mietbindung sichert. Grund genug, die PPP-Verfahren einer kritischen und grundsätzlichen Betrachtung zu unterziehen, die sinnvollerweise nicht nur die quantitativen Aspekte würdigt, also alle Faktoren, die zur Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems führen sollen. Für den Architekten erscheinen die qualitativen Aspekte besonders interessant, da gerade hier von ihm ein besonderer Beitrag erwartet wird.

Projektpartnerschaft und Grundsatzfragen
Bei PPP-Verfahren wird der Gesamtlebenszyklus betrachtet und bewertet. Dies wird begründet mit der Erkenntnis, dass die Erstellungskosten eines Gebäudes unter dem Aspekt der Lebenszyklusbetrachtung gerade einmal ein Viertel der Gesamtkosten ausmachen. Das ist ein sinnvoller ökologischer und
ökonomischer Ansatz, aber nicht wirklich neu. Verantwortungsvolle Auftraggeber und Planer haben seit jeher die Aufgabe, auf Wirtschaftlichkeit in Erstellung und Unterhalt zu achten. Diese Aufgabe ist bereits in unserer Honorarordnung verankert. Neu daran ist lediglich, dass ein privates Unternehmen dieses Risiko kalkulieren und übernehmen muss. Unterstellt man hierbei ein Mindestmaß von unternehmerischem Sicherheitsdenken, ist eine höhere Wirtschaftlichkeit durch den privaten Investor schwer vorstellbar.

Dazu kommt das Sicherheitsinteresse des Auftraggebers: Er wird sich in der Regel durch Einforderung von Bürgschaften absichern wollen. Aufgrund der langen Betrachtungszeiträume und den damit verbundenen hohen Risiken führt dies zu Bürgschaftssummen, die nur von den Großen der Baubranche gestemmt werden können. Ein Einsparungspotenzial besteht für den öffentlichen Partner aber auch in der Reduzierung des Personals, das für Unterhalt und Betrieb von öffentlichen Gebäuden zuständig ist. Dies führt neben dem Rückgang von Arbeitsplätzen in der öffentlichen Bauverwaltung zum Verlust von Fachkompetenz und Knowhow öffentlicher Bauherren.
Es liegt daher nahe, den Lebenszyklusaspekt zu vernachlässigen und die derzeitige PPP-Euphorie dazu zu nutzen, diese Verfahren in erster Linie als alternative Finanzierungsmodelle zu betrachten.
Private Investoren arbeiten aber gewinnorientiert. Ihre Gewinne könnten aus dem Vergabeerfolg an Nachunternehmer resultieren, der durch die Differenz zwischen freihändiger Vergabe mit druckvoller Nachverhandlung und öffentlicher Ausschreibung ermöglicht wird. Mit Abschluss des PPP-Vertrages wird der private Partner aber zum Baukonzessionär nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und damit selbst zum öffentlichen Auftraggeber, das heißt, für alle Leistungen über dem Schwellenwert, die er nicht selbst erbringt, ist er an die gleichen Vergaberegeln gebunden wie sein öffentlicher Vertragspartner auch. Und die Darlehen, die er sich auf dem freien Kapitalmarkt zur Durchführung seines Auftrags besorgen muss, sind in aller Regel deutlich teurer als die entsprechenden Kommunalkredite.
Bleibt der partnerschaftliche Aspekt der Zusammenarbeit. Hier erhofft man sich durch den konstruktiven Dialog der Beteiligten erhebliche Synergieeffekte, die zu höherer Wirtschaftlichkeit des Projektes führen sollen.

Aber auch das PPP-Verfahren ist nicht mehr als ein modernes und benutzerfreundliches Betriebssystem, das den politisch korrekten Teamgeist der Beteiligten beschwört. Im Kern haben die privaten und öffentlichen Vertragspartner gegenteilige Interessen: Der eine will seinen Gewinn maximieren, der andere seine Kosten minimieren. Trotz all dieser Bedenken spricht einiges dafür, dass sich durch eine möglichst frühzeitige Intelligenzkombination von allen Beteiligten spürbare Optimierungseffekte einstellen können. Die Rolle des Architekten Betrachtet man die Gesamtlebenszeit eines Gebäudes, ergeben sich nirgends so hohe Einsparpotenziale wie in der Konzeptions- und Planungsphase. Wer hier mit Überlegungen zur Programm-, Standort- und Gebäudeoptimierung beginnt, hat beste Voraussetzungen für eine hohe Wirtschaftlichkeit des Gesamtobjektes geschaffen. Geht es um Gestaltqualität, Nutzungseffizienz und Nachhaltigkeit, ist der Architekt wesentlichen Mitstreiter beider Partner. Viel zu häufig wird die Beauftragung des Architekten unter dem Aspekt diskutiert, ob er überhaupt gebraucht wird. Wenn nachhaltige Qualität in funktionaler, formaler und wirtschaftlicher Hinsicht im Mittelpunkt der Betrachtung steht, kann sich diese Einstellung entscheidend ändern, denn hier wird ein elementarer Beitrag zum Gesamtprojekt von ihm erwartet, da ganzheitliches Denken zu den Kernkompetenzen verantwortungsvoller Architekten gehört. Wesentlich ist die Frage, welche Rolle der Architekt in diesem System spielen kann, wann und wie er in das Verfahren eingebunden wird. Aus Sicht des BDA kann es hier nur eine Antwort geben: So früh und so umfassend wie möglich. Dabei besteht kein Widerspruch zwischen den grundsätzlichen Anforderungsprofilen des Auftraggebers. Er erwartet eine funktionale Planung, die seinen Nutzungsbelangen ebenso uneingeschränkt Rechnung trägt wie seiner baukulturellen Zielsetzung, sofern sie existiert. Und er braucht ein wirtschaftliches Gesamtangebot, das Erstellung, Unterhalt und Betrieb innerhalb seines finanziellen Rahmens sicherstellt. Beide Anforderungen können in konkurrierenden Verfahren erfüllt werden: Der Architektenwettbewerb führt zur optimalen Planung, der Wettbewerb der Generalunternehmer und Investoren zum günstigsten Bau- und Betriebskonzept. Es bleibt die Frage nach der Reihenfolge.
Wird der Architektenwettbewerb vorgeschaltet, beklagen sich die Investoren, dass ihnen wesentliche Stellschrauben zur Preisgestaltung genommen werden. Wird er nachgeschaltet, ist die Preiskalkulation aufgrund der fehlenden Planung kaum belastbar. Die Kombination von Architektenentwurf und Preisangebot in einem gemeinsamen Wettbewerbsverfahren führt meist zu Kompromisslösungen: Es wäre reiner Zufall, wenn der günstigste Bieter auch das beste Architekturkonzept entwickelt hat. Der Einfluss des öffentlichen Auftraggebers auf die Optimierung der Planung ist bei dieser Verfahrensart besonders gering und meist mit Nachträgen verbunden.
Zudem sind die Möglichkeiten des Marktzugangs für junge Architekten und kleine Büroeinheiten hierbei besonders begrenzt.

Was nun?
Vieles spricht dafür, dem vorgeschalteten Architektenwettbewerb den Vorzug zu geben und die Bedenken der freien Wirtschaft durch Einbettung in ein modernes Gesamtverfahren zu entkräften. Dies kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass alle Preisträger des Architektenwettbewerbs zur
Weiterbearbeitung zugelassen werden. Vielleicht führt dieses Vorgehen auch zu einer gleichrangigen Preisgruppe. Ebenso denkbar ist ein vorgeschaltetes Auswahlverfahren der am Verfahren teilnehmenden Investoren und ihre Einbindung in Voruntersuchung und Aufgabenstellung des öffentlichen
Partners. Darüber hinaus scheinen die Möglichkeiten des Auftraggebers hinsichtlich der Abprüfung von Alternativen zur Optimierung des Invests für Ort und Projekt vor dem Wettbewerbsverfahren noch lange nicht ausgeschöpft.

Wenn Optimierung und Qualitätsanspruch Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg und damit das Gelingen von PPP-Verfahren sind, stellt sich sehr schnell die Frage nach der Kontrollinstanz, die das Verfahren begleitet, auswertet und überprüft. Dies kann in Form einer Langzeitbetrachtung durch unabhängige Experten ebenso geschehen wie durch den öffentlichen Partner selbst, der so zum Projektentwickler seiner Eigenimmobilien wird und die entsprechende Fachkompetenz innerhalb seiner Gebäudewirtschaft verankert und sichert. Auch Architekten müssen umdenken: Bei PPP-Verfahren wird die Teilung von Planung und Ausführung zugunsten eines integrierten Konzeptes aufgegeben. Dabei ist gerade diese Teilung einer der Grundsätze des geltenden Vergaberechtes. Sie begründet sich insbesondere in den nicht vergleichbaren Qualitätsstandards und dem besonderen Schutzbedürfnis der schöpferischen Leistung. Die Planungsleistung wird zur Dienstleistung im Rahmen der Vertragserfüllung des PPP-Partners und entfernt sich damit vom werkvertraglichen Aspekt der Architektenleistung. Diese Betrachtungsweise wird gestützt durch erste Urteile, die die HOAI nicht mehr als Mindestpreisverordnung mit Gesetzeskraft, sondern als Pflichtenheft für die Begründung des Honoraranspruchs sehen. Trotz aller Bedenken erscheint es aber durchaus möglich, die Mechanismen von PPP-Verfahren so zu organisieren, dass der Qualitätsaspekt aller Einzelelemente eine größere Rolle spielt. Dazu ist auch der Architektenwettbewerb unverzichtbar.
Die Architekten BDA sind grundsätzlich bereit, ihre Kompetenz hinsichtlich Prozessqualität und Produktqualität in PPP-Verfahren einzubringen. Das heißt konkret: Mitarbeit bei der Durchführung von Verfahren, vertiefende Betrachtung von Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit in Entwurf und Planung.
Der BDA fordert von allen Beteiligten größtmögliche Offenheit gegenüber diesem Angebot und Transparenz in der Abwicklung. Das heißt konkret: Marktzugang für Architekten durch Vorschaltung von Wettbewerben und Einbindung kleiner und junger Büros.
Der BDA setzt sich dafür ein, dass Architekturqualität im Rahmen der ganzheitlichen Beurteilung von PPP-Projekten einen höheren Stellenwert und eine größere Akzeptanz erhält. Das heißt konkret: Verankerung des kulturellen und wirtschaftlichen Mehrwerts der Architektenleistung im Verfahren.

Martin Halfmann 06/2005