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Baukammerngesetz – Bürgernähe und Praxisbezug auf dem Prüfstand

31. Mai 2017

Für die Bauberufe müssen die Vorgaben der EU-Anerkennungsrichtlinie 2013/55/EU in Landesrecht umgesetzt werden. Am 6. April wurde der Gesetzentwurf der Staatsregierung in Erster Lesung behandelt und an den federführenden Ausschuss überwiesen. Alles ist längst überfällig. Stellungnahmen der Kammer und der Berufsverbände wurden unter Zeitdruck eingeholt. Festzustellen ist, dass bislang keine der Anregungen und Kritikpunkte in den Gesetzentwurf aufgenommen wurde.

Die geänderte Richtlinie trifft neben Regelungen zur Einführung eines Europäischen Berufsausweises, zur elektronischen Antragstellung, zum Vorwarnmechanismus in Bezug auf die Diskriminierung von EU-Ausländern sowie zur Abwicklung des Antragsverfahrens über den Einheitlichen Ansprechpartner insbesondere Aussagen zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen. Ziel der geänderten Richtlinie ist es, für die europaweit durchgängige Anerkennung von bereits erworbenen Berufsqualifikationen Sorge zu tragen und die Verfahren zur Anerkennung ihrer Gleichwertigkeit im Interesse der Betroffenen zu erleichtern und zu beschleunigen.

Im Mittelpunkt der Novelle steht damit der Artikel 46 Ausbildung der Architekten. Der europäische Gesetzgeber ist zu der Auffassung gelangt, daß vier Studienjahre auf Vollzeitbasis allein – wie bislang gefordert – nicht mehr ausreichend sind, die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen zu vermitteln. Schon 2011 konnte der Bund Deutscher Architekten BDA Landesverband Bayern im Rahmen eines Antrags an die Delegiertenversammlung des Verbandes Freier Berufe in Bayern die Problematik darstellen.

Die Studiendauer von mindestens fünf Jahren auf Vollzeitbasis wurde jetzt erstmals dem europäischen sowie weltweiten UNESCO/UIA-Standard folgend in die Richtlinie aufgenommen. Nun gilt es, diesen Qualitätsstandard in Bayern zu sichern und den ständig wachsenden Berufsaufgaben gerecht zu werden sowie den tatsächlichen Stand an den Hochschulen und Universitäten nach dem Bologna-Prozess abzubilden. Architektenkammer und Verbände fordern geschlossen als Eintragungsvoraussetzung die Anhebung der Regelstudienzeit auf fünf Jahre für Architektur unter Beibehaltung der anschließenden zweijährigen „Berufspraxis“. Dies entspräche dem tatsächlichen Ausbildungsniveau in fast allen europäischen Staaten. Bayern wäre gemeinsam mit dem Bund nicht länger neben Litauen das Schlusslicht bei den Mindestausbildungsstandards.

Von einer Ausbildung, die lediglich auf vier Studienjahre ausgelegt ist und gegenüber der vorherigen Fassung der Richtlinie mit einem „Berufspraktikums unter Aufsicht“ beaufschlagt wurde, muß unbedingt Abstand genommen werden. Dies bringt als zusätzliche Eintragungsvoraussetzung gegenüber der bewährten „Berufspraxis“ keine Vorteile und ist zudem mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden. Dies wird – bedingt durch einen erhöhten Personalbedarf – zu deutlichen Mehrkosten bei den Eintragungsgebühren und sogar zu einer Mehrbelastung für die Gesamtheit der Mitglieder führen.

Ferner ist der „Bayerische Weg“ in die Stadtplanerliste, der eine große Tradition hat, sicherzustellen. Für die Fachrichtungen Innen- und Landschaftsarchitektur wird das bundesweit einheitliche Ausbildungsniveau von vier Jahren auch für Bayern gefordert.

Allgemein muß nun gelten: Die vor Jahren durchgesetzte Verkürzung von Bildungszeiten hat sich nicht bewährt. Hier ist es nun dringend geboten, erstarrte Haltungen aufzugeben und auf breiter Front nachzusteuern.

Prof. Dr.-Ing. Hartmut Niederwöhrmeier,
Freier Architekt BDA und Stadtplaner

Stand 15. Mai 2017