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Honorarfalle HOAI

9. Mai 2017

In Zeiten einer immer schlechter werdender Zahlungsmoral der Auftraggeberseite wird für die Architekten die Sicherung von Honoraransprüchen immer wichtiger. Diese Sicherung beginnt aber nicht erst mit Überreichung einer Schlussrechnung sondern bereits mit Übergabe eines ersten Angebots, spätestens aber mit dem (hoffentlich schriftlichen) Abschluss des Architektenvertrages.

Der geschlossene Architektenvertrag allein bildet die entscheidende Rechts- und Anspruchsgrundlage für jegliche Honorarforderung, nicht die HOAI. Die HOAI ist kein Vertragsrecht, sondern Preisrecht. So kommt die HOAI überhaupt nur zur Anwendung, wenn ein Architektenvertrag vorhanden ist. Sie regelt dann allerdings, wie die Leistungen, die Gegenstand des Vertrages waren und ordnungsgemäß erbracht worden sind, zu honorieren sind. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass nicht die HOAI vorgibt, welche Leistungen zu erbringen sind; entscheidend alleine ist, welche Leistungen die Vertragsparteien selbst als Gegenstand des Vertrages festgelegt haben.

Es ist also in jedem Fall notwendig, die Leistungen, die zur Sicherstellung des werkvertraglichen Erfolges notwendig sind oder zusätzlich vom Auftraggeber gewünscht werden, im Vertrag zu erfassen. Groß ist deshalb immer noch die Verlockung, die Leistungsbilder aus der HOAI als „Leistungsverzeichnisse“ zu missbrauchen und umfassend zum Gegenstand eines Architektenvertrages zu machen.

Es ist im Rahmen der Vertragsfreiheit zulässig, Preistatbestände aus einer Honorarordnung in werkvertragliche Leistungsinhalte umzuwandeln. Dies geht aber mit der erheblichen Gefahr von Honorarverlusten im Einzelfall einher. Werden nämlich auf diese Weise alle Grundleistungen zum Gegenstand des Vertrages gemacht, so hat der Bauherr auch Anspruch darauf, dass tatsächlich alle Grundleistungen erbracht worden sind. Ist dies nicht der Fall oder kann der Architekt einzelne Teilleistungen nicht nachweisen, kann der Auftraggeber das Honorar (ggf. nach Maßgabe einer sog. Splittertabelle) entsprechend kürzen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob diese Leistungen für die Gesamterfolg, der eingetreten sein mag, überhaupt erforderlich waren. Es handelt sich also um jene frustrierenden Fälle, in denen das Bauwerk, mangelfrei, termin- und kostengerecht errichtet worden ist und der Bauherr trotzdem die HOAI Leistungsbilder als Honorarstreichliste für Leistungen, die nicht (weil nicht notwendig) erbracht worden sind, und in der Regel erfolgreich einsetzt.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die bereits auf ein entsprechendes Urteil aus dem Jahre 2004 zurückzuführen ist, gilt hier unverändert weiter. Die Problematik ist ferner auch immer wieder Gegenstand von baurechtlichen Aufsätzen.

Um dieser weiterhin bestehenden Honorarfalle zu entkommen, müssen beim Vertragsabschluss entsprechende Vorkehrungen getroffen werden.

Größtmögliche Sicherheit schaffen Bauherr und Architekt dann, wenn sie für die Realisierung des Objekts jeweils individuell und transparent Planungsziele formulieren und ausschließlich damit den werkvertraglichen Erfolg oder auch Teilerfolge festlegen. Im Streitfall wird dann nur gefragt werden können, ob dieser Erfolg (mangelfrei) eingetreten ist. Ist dies der Fall, sind Honorarkürzungen wegen (angeblich) nicht erbrachter Teilleistungen ausgeschlossen, da der Architekt dann gerade nicht jede einzelne Grundleistung als eigens nachzuweisenden Teilerfolg schuldet. Auch dies wurde durch die Rechtsprechung erst kürzlich in einer Entscheidung des OLG München bestätigt.

Es ist leider festzustellen, dass dieser Weg der Formulierung von Leistungszielen als Definition des werkvertraglichen Erfolges anstelle der Auflistung von HOAI- Leistung bislang nur bei wenig auf dem Markt befindlichen Muster- oder Formularverträgen gegangen worden ist. Bekannt ist, dass die Orientierungshilfen zum Abschluss von Architektenverträgen, die von den Architektenkammern bereitgehalten werden, entsprechende Formulierungshilfen geben.

Rechtsanwalt Erik Budiner, Mai 2017