© Erica Overmeer

Preisträger BDA-Architekturpreis Nike 2007 Große Nike, Preisträger BDA-Architekturpreis Nike 2007 Nike für den architektonischen Gesamtausdruck

IKMZ BTU Cottbus

Cottbus

© Erica Overmeer

IKMZ BTU Cottbus

Cottbus
Projekt
IKMZ BTU Cottbus
Architekt
Herzog & de Meuron, Basel
Bauherr
Land Brandenburg

Nach der Wiedervereinigung wurde die Brandenburgische Technische Universität Cottbus neu gegründet und auf dem Gelände der ehemaligen Hochschule für Bauwesen eingerichtet. Anfang der neunziger Jahre wurden in einem Wettbewerb Konzepte zu Modernisierung und Weiterentwicklung der BTU gesucht: Herzog & de Meuron schlugen in ihrem Wettbewerbsbeitrag vor, auf der Freifläche östlich des Universitätsgeländes zwei rechteckige Baukörper – Bibliothek und Zentrales Hörsaalgebäude – zu errichten.

In einer gänzlich überarbeiteten Variante errichten die Architekten nun mit dem Bibliotheksgebäude einen Solitär, der in der umgebenden städtischen Bebauungsstruktur ein Zeichen setzt. Einer Amöbe gleich, scheint sich der Grundriss auszudehnen und in die umgebende Landschaft zu fließen. Der organisch wirkende, scheinbar auf sich selbst bezogene Bau ist das Produkt der städtebaulichen Absicht, dem Ort eine einprägsame, topographische Qualität zu geben. Im Innern ermöglicht die Form des Baukörpers die Schaffung einer Vielzahl von unterschiedlich großen, nach verschiedenen Seiten orientierten Lesesälen – und dennoch ist die Bibliothek ein einziger, zusammenhängender, durch starke Farbigkeit geprägter Innenraum.

Votum der Jury „Große Nike“:

Auf die Lage der Universitätsbibliothek jenseits des Stadtzentrums haben die Architekten mit erhabener Isolation reagiert: nämlich mit einem Turm, der keine Vorderseite, keine Rückseite, keine Schaufront hat. Doch die ausgreifenden Schwünge des amöbenförmigen Grundrisses, der zunächst beliebig erscheint, reagieren tatsächlich auf die städtebauliche Situation: Einladend öffnet sich die Form nach Westen zum übrigen Universitätsgelände. Für den Besucher aus der Innenstadt wirkt das IKMZ wie ein turmartiges Wegzeichen. Nach Norden hin schwillt die Bauform zu zwei stabilen Bastionen an; einzig im Osten nimmt sie Energie in sich zurück. Programmatisch in architektonische Form übertragen steht die neue Bibliothek jedem Interessenten offen und besetzt einen städtebaulichen Angelpunkt zwischen Stadt und Universität. Die Architekten haben eine Landmarke geschaffen, die bewusst ein Zeichen für die Universität in einer von hoher Arbeitslosigkeit geprägten Region setzt.

Auch im Inneren entsteht mit dem spannungsreichen Grundrisses, der klaren Wegeführung und der sinnfälligen Zuordnung der Funktionsbereiche eine fast dramatisch anmutende Raumwirkung.

Das IKMZ wird dank seiner gestalterischen Qualität zum exemplarischen Studienobjekt der Architektur im elektronischen Zeitalter. Nicht nur der architektonische Gesamteindruck und die skulpturale Wirkung, sondern auch seine stadtbauliche Funktion und seine gesellschaftspolitische Aussage erheben das Gebäude auf dem Cottbuser Universitätscampus über viele andere zeitgenössische Bauwerke.

Das Engagement von Bauherren und Architekten für eine verbindliche Antwort auf zahlreiche gegebene und sogar einige nicht gestellte Fragen hat hier zu einer Architektur geführt, die weit jenseits der perfekten planerischen Bewerkstelligung einer Bauaufgabe symbolischen Wert für unsere Gesellschaft besitzt.